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5. Dezember 1966

Einweihung der Ruhrtalbrücke 

Brücken gelten als besondere Pionierleistungen der Baukunst. Vor allem dann, wenn schöne Architektur, hohe Funktionalität und Wirtschaftlichkeit miteinander in Einklang gebracht werden. Die zunehmende Autodichte in Mülheim um 800% in den Nachkriegsjahrzehnten verursachte ein Verkehrsaufkommen am Rande eines Verkehrsinfarkts. Hiervon besonders betroffen war der Weg von Düsseldorf nach Essen, der mit der B 1 quer durch Mülheimer Stadtgebiet führte. Da optimale Verkehrsanbindungen auch ein entscheidender Wirtschaftsfaktor sind, begannen erste Planungen zur Entlastung dieser Strecke durch den Ausbau der B 288 bereits 1959. Der Bau einer Brücke über das Ruhrtal galt dabei als Kernstück und wurde vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) in Auftrag gegeben. Die Planungsphase konnte 1963 abgeschlossen werden. Das Landesstraßenbauamt in Essen übernahm die Umsetzung der Brückenbauarbeiten.

Für die aus 18 Brückenpfeilern bestehende 1.830 m lange und 28 m breite Brücke wurden 17.000 m3 Stahlbeton und 133.000 t Stahl verbaut. Sie kostete 48,6 Millionen Mark und galt damals als eines der größten Bauprojekte Europas. An einem Montag, dem 5. Dezember 1966, wurde das größte deutsche Brückenbauwerk nach nur dreijähriger Bauzeit seiner Bestimmung übergeben. Dazu waren am Breitscheider Knoten eine kleine Tribüne errichtet und mehrere Stuhlreihen für die Prominenz aufgestellt worden. Die lokalen Gäste aus dem Raum Mülheim, Essen und Mettmann erwarteten die hohen Gäste, die als lange Autokolonne, eskortiert von Polizeiwagen um die Mittagszeit anrollte, vorweg der grüne Opel „Admiral“ des Bundesverkehrsministers a.D. Hans Christoph Seebohm, musikalisch begrüßt von der Düsseldorfer Polizeikapelle sowie den Mintarder Karnevalisten.

Um 12.10 Uhr durchtrennte Landesrat Hans Meyer, Leiter der Straßenbauabteilung des LVR in Breitscheid das grün-weiße Band und gab damit die ausgebaute B 288 frei. Auch Bundesverkehrsminister a.D. Hans Christoph Seebohm sprach im Namen des neuen Verkehrsministers Leber am Breitscheider Kreuz sowie Udo Klausa, Direktor des LVR, während Oberbürgermeister Heinrich Thöne und Oberstadtdirektor Heiderhoff sowie weitere Gäste auf ihren Stühlen Platz genommen hatten. Dabei wurde auch an die drei Arbeiter erinnert, die während der Bauarbeiten ums Leben kamen. Anschließend fuhr der Autokonvoi weiter über die neu eröffnete Brücke, die sich an diesem Morgen in Nebel hüllte, zur Straßenmeisterei des LVR am Eichbaum. Dort gab es dann in der Kraftwagenhalle für die Gäste eine heiße Erbsensuppe mit Fleischeinlage.

Nach der Fertigstellung des Bauwerks kam es immer wieder zu Selbsttötungen durch Sturz von der 65 m hohen Brücke, bis ein zusätzliches Gitter angebracht wurde. In den 1990er Jahren wurde während einer Geiselnahme das Opfer im Hohlraum eines Brückenpfeilers versteckt.

Mitte der 1960er Jahre war die Verkehrsplanung von 20.000 Fahrzeugen ausgegangen, die täglich das Ruhrtal überqueren. Ein halbes Jahrhundert später hatte sich diese Zahl bereits vervierfacht. Vor allem die Zunahme des LKW-Verkehrs machte es 2002 notwendig, dass der Überbau verstärkt werden musste. 2013 folgte eine Brückenkopfsanierung. Veränderte Mobilitätsansprüche werden auch künftig Anpassungen notwendig machen. An dieser Stelle vereint das Bauwerk den Wunsch der Architekten nach der Schönheit der Form mit der Forderung der Brückenbauingenieure nach einem Maximum an Funktionalität und Wirtschaftlichkeit.

 (Fe)