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Tod Gerhard Tersteegens
Am 3. April 1769 starb der bedeutende Theologe und Dichter Gerhard Tersteegen in seinem Haus an der Teinerstraße. Er war am 25. November 1697 als jüngstes von acht Kindern in Moers geboren worden, wo seine Eltern am Markt einen Laden besaßen. Nach dem frühen Tod des Vaters erhielt er trotz der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie eine gute Schulausbildung in der Moerser Lateinschule. Für ein anschließendes Studium des gelehrigen Schülers, der gerne Prediger werden wollte, reichten die Mittel der Familie jedoch nicht aus. Stattdessen wurde er im Jahre 1712 zu seinem Schwager Matthias Brink, der auf dem „Kirchenhügel“ in Mülheim an der Ruhr als Kaufmann tätig war, in die Lehre geschickt. Der Versuch Tersteegens, nach der Lehre selbst Handel zu treiben, scheiterte ebenso wie die anschließenden Bemühungen, als Leineweber seinen Unterhalt zu bestreiten. Erst die körperlich leichtere Seidenbandweberei sicherte ihm, der zeitlebens kränklich war, ein karges Auskommen. Da Tersteegen asketisch lebte, konnte er immer noch etwas für seine noch ärmeren Mitmenschen abgeben. Ab 1725 nahm Tersteegen mit Heinrich Sommer einen Stubengesellen bei sich auf, der ihn bei der Arbeit unterstützte und zeitlebens als enger Freund und Vertrauter bei ihm bleiben sollte. Das „Tersteegenhaus“, in dem sich heute das Heimatmuseum befindet, bezogen beide im Jahre 1746.
Gerhard Tersteegen war schon früh mit den Gedanken der religiösen Bewegung des Pietismus in Berührung gekommen. Die Pietisten lebten eine subjektive, individuelle Frömmigkeit und bemühten sich um praktisches christliches Leben und Handeln – nicht in erster Linie um die Befolgung kirchlicher Dogmen und Riten. Von den Kirchen wurden sie daher nicht immer mit Wohlwollen betrachtet.
Nach einer als „Erweckung“ empfundenen spirituellen Erfahrung verschrieb sich Tersteegen mit einem „Blutbrief“ im Jahre 1724 ganz seinem Heiland. Von da an lebte er als Prediger und verfasste zahlreiche theologische Schriften, Lieder und Briefe. Besonders seine Predigten lockten hunderte Zuhörer auf den Kirchenhügel. Angeblich hörten manches Mal mehr Gläubige ihre Sonntagspredigt vor dem Tersteegenhaus als in der Petrikirche.
Das umfangreiche theologische Werk Tersteegens hat nicht nur den Pietismus wesentlich beeinflusst. Vor allem seine Lieder wie „Ich bete an die Macht der Liebe“ oder „Gott ist gegenwärtig“ haben bis heute Eingang in die Gesangsbücher nahezu aller christlichen Konfessionen der Welt gefunden.
(Ra)