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Familie Loewenthal

Der Kaufmann Moses Loewenthal wurde am 13. August 1853 in Lennep, das heute als Stadtbezirk zu Remscheid gehört, geboren. Seine Ehefrau Julianne (auch Juliane, Julie) erblickte in Bendorf, heute im Landkreis Mayen-Koblenz in Rheinland-Pfalz gelegen, am 12. Januar 1859 das Licht der Welt. Sie war die Tochter von Isaac Feist und seiner Ehefrau Amalie, geborene Löb. Auf ihrer Einwohnermeldekarte wird auf vier Kinder vermerkt.

Die älteste Tochter Johanna („Henny“) wurde am 28. Januar 1888, Friedrich („Fritz“) am 7. März 1889 und Elisabeth Sophie am 20. Juni 1891 in Lennep geboren. Elfriede war das jüngste der vier Kinder und kam am 9. Januar 1895 in Mülheim an der Ruhr zur Welt, wohin die Familie 1892 gezogen war. Hier wohnten sie bis 1908 in der Bahnstraße 18. Danach lebte die Familie bis 1930 in der Viktoriastraße 6. Als der Vater Moses Loewenthal am 21. Oktober 1930 starb, wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Mülheim an der Ruhr beigesetzt, wo noch heute sein Grabstein zu finden ist. 

1931 zog Johanna von Bochum nach Mülheim und wohnte wieder mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Elfriede zusammen, in der Hindenburgstraße (heute Friedrich-Ebert-Straße) 36.
Friedrich (Fritz) besuchte die Realschule in Mülheim und machte sein Abitur an der Oberrealschule in Essen. Er studierte Medizin in verschiedenen Städten und promovierte 1913 an der Universität Bonn. Als Arzt ließ sich Friedrich in Nürnberg, der Heimatstadt seiner Frau, nieder.
Elisabeth Sophie Loewenthal arbeitete als Krankenschwester und heiratete den Mediziner Dr. Fritz Jon Binswanger. Gemeinsam führten der Arzt und die Krankenschwester viele Jahre eine Praxis in Frankfurt am Main. Sie bekamen 1925 einen Sohn, Ernst.
Elfriede war Volksschullehrerin an der evangelischen Schule an der Mellinghofer Straße.
Ab 1933 änderte sich für die Familienmitglieder alles. 

Fritz Loewenthal verlor 1938 seine Approbation und floh 1939 mit seiner Frau nach England, wohin die 16-jährige Tochter bereits mit einem Kindertransport gelangt war. 1940 ging es weiter in die USA. Frederick Loewenthal, wie er sich jetzt nannte, erhielt 1943 die Lizenz zur ärztlichen Praxis und 1945 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er konnte also wieder als Arzt praktizieren und war außerdem Mitglied verschiedener medizinischer Organisationen. Frederick Loewenthal starb 86-jährig im Oktober 1975 in Brookline, Norfolk County, in der Nähe Bostons.

Elisabeth und ihr Mann, Fritz Binswanger, waren rassistischen Schikanen ausgesetzt. Dr. Fritz Binswanger nahm sich 1936 im Frankfurter Gefängnis Hammelsgasse das Leben. Auf dem Stolperstein für Fritz Binswanger ist zu lesen: gedemütigt, entrechtet: Flucht in den Tod. Elisabeth Binswanger wurde am 19. Oktober 1941 in das Ghetto Lodz deportiert, dort wurde sie ermordet, das genaue Todesdatum ist unbekannt. Für Elisabeth und ihren Mann liegen Stolpersteine in Frankfurt am Main in der Wöhlerstraße 4. Ihr Sohn, geboren am 16. August 1925, wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und dort am 4. Februar 1944 ermordet.

Elfriede wurde wegen rassistischer Vorbehalte 1933 „beurlaubt“ und konnte fortan nur noch an jüdischen Schulen unterrichten.

Julianne, Johanna und Elfriede wohnten ab 1933 in der Eppinghoferstraße 132. Zusammen zogen sie am 1. September 1939 zum Löhberg 2. Die häufigen Wohnungswechsel deuten darauf hin, dass es für die drei jüdischen Frauen schwer war, einen Vermieter zu finden, der noch Wohnraum an Juden vermietet. Ab 1939 wurde die jüdische Bevölkerung in sogenannten Judenhäusern konzentriert. In diesem Zusammenhang ist dann auch der Umzug am 21. November 1939 in das Haus Bahnstraße 44 zu beurteilen. 

Johanna wurde am 22. April 1942 von Düsseldorf in das Ghetto Izbica deportiert. Aus dem Transit-Ghetto wurden die jüdischen Bewohner in die Vernichtungslager Sobibór oder Belzec gebracht. Laut Beschluss des Amtsgerichts Mülheim vom 23. September 1949 wurde Johanna für tot erklärt, festgesetzt auf den 8. Mai 1945.

Einen Monat, nachdem Julianne und Elfriede in das „Judenhaus“ Delle 29 einziehen mussten, erfolgte am 21. Juli 1942 der Transport von Düsseldorf nach Theresienstadt. 

Dort erlag die 84-jährige Mutter am 16. Januar 1943 den Strapazen und Folgen der Deportation. In der Todesfallanzeige des Ghetto Theresienstadt wird ebenfalls der 16. Januar 1943 als Todesdatum genannt, als Todesursache „Altersschwäche“. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei fraglicher Todesfallanzeige um ein Täterdokument handelt.

Juliannes Tochter Elfriede wurde vermutlich am 15. Mai 1944 weiter von Theresienstadt nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Am 23. September 1949 wird sie, genau wie ihre Schwester Johanna, vom Amtsgericht Mülheim an der Ruhr zum 8. Mai 1945 für tot erklärt.

 

 

Verlegeort Bahnstraße 44

Verlegedatum 8. Mai 2014

Geänderte Fassung des von der AG Stolpersteine der Realschule Mellinghofer Straße verfassten Originaltextes