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1. Juli 1920

Eingemeindung von Menden und Raadt

Zum Zeitpunkt der Eingemeindung zählten Raadt 280, Menden 840 Einwohner. Nicht gerade viel. Für die Eingemeindung nach Mülheim am 1. Juli 1920 dürften also andere Gründe als die Einwohnerzahl eine Rolle gespielt haben. Bis 1910 waren beide ländlich geprägten Gemeinden Bestandteil des Landkreises Mülheim, der fast genau die ehemalige Herrschaft Broich umfasste. 

Am 1. Januar 1904 schied der weitaus größte Teil des Landkreises durch Eingemeindung in die Stadt Mülheim aus diesem aus. Das betraf die Gemeinden Styrum, Broich, Speldorf und Saarn sowie aus der Landbürgermeisterei Heißen die Gemeinde Holthausen. Der Landkreis war stark geschrumpft und bestand nur noch aus der Bürgermeisterei Heißen mit den Gemeinden Heißen, Fulerum, Winkhausen, Haarzopf, Menden und Raadt sowie den neugebildeten Bürgermeistereien Dümpten und Alstaden.

1908, genau 100 Jahre nach der Stadtgründung, wurde Mülheim Großstadt.

Als am 1. April 1910 der verbliebene Restlandkreis aufgelöst wurde, fiel der größte Teil wieder an den Stadtkreis Mülheim, mit dem er früher bereits verwaltungsrechtlich vereinigt war. Dazu gehörten die Gemeinden der Landbürgermeisterei Heißen sowie die Bürgermeisterei Dümpten. Haarzopf wurde Bredeney im Landkreis Essen zugeschlagen und 1915 mit der Eingemeindung Bredeneys zur Stadt Essen eingemeindet.

Obwohl Menden und Raadt zunächst dem Landkreis Essen zugeteilt wurden, erwog man bereits 1910 den Gedanken, die beiden Gemeinden wieder mit Mülheim zu vereinen. Deshalb wurden sie auch nicht Teil einer Bürgermeisterei, sondern verblieben als Bürgermeisterei Menden bestehen.

Oberbürgermeister Dr. Paul Lembke begründete ausführlich in seinem Bericht vom 19. Juni 1920 an den preußischen Innenminister die Vereinigung der Landgemeinden Menden und Raadt mit dem Stadtkreis Mülheim. Darin heißt es unter anderem: „Die weitere Entwicklung der Verhältnisse hat gezeigt, dass dieser Gedankengang richtig war. Die seit altersher bestehenden Beziehungen zur Stadt Mülheim sind nicht nur erhalten geblieben, sondern fortdauernd enger geworden. […] Die Bewohner von Menden und Raadt benutzen nicht nur die städtischen Straßenbahnen von Mülheim als einzige Kleinbahn, die sie an den Verkehr anschließt, sie beziehen auch das Gas von der Stadt Mülheim und das Wasser von dem in Mülheim befindlichen Wasserwerk […]. Die Kinder in Menden und Raadt besuchen die höheren Schulen in Mülheim. Menden gehört kirchlich zu der im Mittelpunkte der Stadt Mülheim gelegenen ältesten Mülheimer Kirche. […] Die Stadtgärtnerei von Mülheim liegt auf dem Gebiete der Gemeinde Menden; dasselbe gilt von dem größten Friedhof der Stadt Mülheim.“

Lembke nennt noch weitere Gründe, verkehrspolitischer, wirtschaftlicher und finanzieller Art für eine Eingemeindung nach Mülheim. Interessant ist dabei zu lesen, dass bereits vor 100 Jahren ein Argument von Bedeutung war, das für die Stadt Mülheim bis heute an Aktualität nichts eingebüßt hat: „Eine der gesuchtesten Grünflächen, der […] Witthausbusch, liegt zum Teil in Menden. Er bildet einen Teil des Freiflächensystems, das durch die in den Gemeinden Menden und Raadt in reichem Ausmaße vorhandenen Grünflächen organisch ergänzt wird. […] Diese Freiflächen […] sind somit, da die vorherrschenden Winde ungefähr aus dieser Richtung kommen, für die Frischluftzuführung zur jetzigen Wohnstadt von Bedeutung.“

(Fe)