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10. Januar 1923

Besetzung Mülheims durch die Franzosen

Am 10. Januar 1923 trafen etwa 1.000 französische Soldaten am Bahnhof Speldorf ein und begannen damit, Mülheim zu besetzen. Einen Tag später marschierten sie schwer bewaffnet über die Schlossbrücke ins Stadtzentrum und besetzten die Bahnhöfe Eppinghofen (heute Hauptbahnhof), Heißen und Styrum. Mit diesen ersten 1.000 Soldaten begann nun auch für Mülheim die Zeit der so genannten "Ruhrbesetzung", mit der der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré auf das Ausbleiben deutscher Reparationsleistungen reagierte.

Deutschland war nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg im Friedensvertrag von Versailles zu umfangreichen Reparationszahlungen verpflichtet worden, die jedoch nur schwer zu leisten waren. Nicht zuletzt aus innenpolitischen Erwägungen heraus lehnte Poincaré einen Erlass zumindest von Teilen dieser Verpflichtungen ab und drohte bereits frühzeitig mit einer Besetzung des Ruhrgebiets, das wegen seiner Montanindustrie besonders im Blickpunkt des Interesses stand. Da die Durchsetzung der Ansprüche gegenüber Deutschland mit militärischen Mitteln durch den Friedensvertrag ausdrücklich gestattet war, hatten französische Truppen bereits 1921 militärische Brückenköpfe in Duisburg und Düsseldorf errichtet. Seit dieser Zeit schien eine militärische Besetzung des Ruhrgebiets tatsächlich möglich. Im März 1921 beriet daher der Planungsausschuss des Mülheimer Stadtrates, was in einem solchen Falle zu tun sei. Als Anfang 1923 dann tatsächlich die Franzosen in Mülheim einmarschierten, gab es für die Stadtverwaltung keine Handlungsspielräume. Französisches Militär kontrollierte die Bahnhöfe, übernahm die Polizeigewalt, unterbrach Telefon- und Telegraphenverbindungen, beschlagnahmte Waffen und Munition und durchsuchte das Rathaus nach wichtigen Unterlagen. Missliebige Personen, die sich den Anordnungen der Militärregierung widersetzten oder die als Spione galten, drohte die Ausweisung oder gar die Verurteilung durch ein Militärgericht.

Reichspräsident Friedrich Ebert und Reichskanzler Wilhelm Cuno hatten bei der Besetzung des Ruhrgebiets den passiven Widerstand der Bevölkerung deutlich unterstützt, wie ein entsprechender Aufruf in der Mülheimer Zeitung vom 10. Januar 1923 zeigt. In dem Maße jedoch, in dem die Ruhrbesetzung andauerte, wandelte sich dieser anfängliche Widerstand der Bevölkerung zu einem stillen Aushalten. Erst im Sommer 1925 verließen die letzten französischen Soldaten Mülheim. 

(Ra)