Tod der letzten Herrin von Broich, Marie Luise Albertine von Hessen-Darmstadt
„Heute ¼ nach 5 Uhr morgens starb auf hiesigem Großherzoglichem Schlosse in den Armen ihres gegenwärtigen treuen Sohnes und ihrer hiesigen Enkel die Durchlauchtigste Fürstin und Frau Marie Luise Albertine, verwitwete Landgräfin Georg von Hessen Darmstadt, geborene Gräfin von Leiningen-Dachsburg [!] und Broich, Dame des königlich-preußischen Louisen-Ordens an einer Lähmung und Endzündung der Lunge. Sie war nur drei Tage krank und litt mit der größten Geduld und Ergebung ihr schweres Leiden, das mit einem sanften Einschlafen endete.“
Mit diesen Worten beginnt ein Bericht über Sterben und Leben der am 16. März 1729 geborenen letzten Herrin der Herrschaft Broich, der noch am Tag ihres Todes auf Schloss Neustrelitz verfasst worden war, und der heute im Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr aufbewahrt wird.
Marie Luise Albertine, vermählt mit dem jüngeren Bruder des Landgrafen von Hessen-Darmstadt, erbte beim Tode ihres Vaters Christian Carl Reinhard von Leiningen-Dagsburg 1766 unter anderem die kleine Herrschaft Broich. Ihr Lebensmittelpunkt war und blieb Darmstadt, gleichwohl hegte sie stets ein Interesse an den Zuständen und an der Entwicklung ihres väterlichen Erbes. Mehrmals bereiste sie ihre Herrschaft an der Ruhr und verlieh dabei jedes Mal dem alten Schloß Broich für einige Wochen den Glanz einer Residenz. Besonders ihre zwei Besuche, die sie in Begleitung ihrer Enkelin Luise von Mecklenburg-Strelitz – der späteren preußischen Königin Luise – absolvierte, sind gut dokumentiert und auch in der kollektiven Erinnerung der Bewohner der Herrschaft lange Zeit lebendig geblieben.
So bereiste sie Broich 1787 „durch landesmütterliche Sorgfalt für die Wohlfahrt Ihrer lieben Untertanen in der Herrlichkeit Broich angetrieben, eine gleich mühsame und kostbare Reise hauptsächlich in der Absicht, um den mancherlei Beschwerden hiesiger Gemeinheiten auf den Grund zu sehen, solche unter Höchsteigener Aufsicht zu untersuchen und nach Befund der Umstände erörtern zu lassen“. Offenbar war es der „Landesmutter“ nicht gleichgültig, wie es ihren Untertanen erging, auch wenn ihre Sorge natürlich nicht uneigennützig gewesen ist. Es gibt zumindest keine Hinweise, dass sich die Broicher Untertanen mehr als üblich unter ihrer Herrschaft bedrückt gefühlt hätten. Immerhin konnte sich im Einzelfall der Unmut der Bevölkerung ja stets gegen die Vertreter der Herrschaft vor Ort richten, die sich manches Mal einer störrischen Einwohnerschaft gegenüber sahen. Der Nimbus der „Landesmutter“ blieb auch deshalb davon ungetrübt, weil sie im fernen Darmstadt weit weg vom Alltag in der Herrschaft Broich war.
Die dunkelste Stunde erlebte Marie Luise Albertine vermutlich durch die Aufhebung der Herrschaft Broich unter Napoleon. Auch wenn sie hierfür mit einer lebenslangen Rente entschädigt wurde, hat sie den Verlust des angestammten Erbes bis zu ihrem Tode nicht akzeptieren können.
(Ra)