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Dr. Arkady und Maria Genkin

Dr. med. Arkady Genkin wurde am 10. Januar 1892 in Jekaterinoslaw (in der heutigen Ukraine) geboren. Er war deutscher Staatsbürger, galt nach den Rassegesetzen der Nazis als „jüdischer Mischling“ 1. Grades, weil er als Kind eines nicht-jüdischen und eines jüdischen Elternteils aufwuchs. Er konvertierte zum katholischen Glauben am 3. Dezember 1924 in Jena, wo er zuvor am 13. Juni 1923 die verwitwete, deutsche Katholikin Maria Berenz, geborene Haunerland, geboren am 14. November 1884, in Röhlinghausen (heute Herne), geheiratet hat. Gemeinsam mit den drei, zwischen 1909 und 1912 geborenen Kindern, die Maria mit in die Ehe gebracht hat und die von Arkady Genkin adoptiert wurden, wohnten sie ab dem 9. Dezember 1924 in Mülheim an der Ruhr, Goethestraße 20. 

Arkady Genkin bestritt von 1925 bis 1933 den Unterhalt seiner Familie mit der Ausübung seines Berufes als Allgemeinmediziner, zunächst in der Eppinghofer Straße 85. Ab 1928 war seine Praxis an der Ecke Kaiser- und Adolfstraße. 1931 verlegte er die Praxis zum Muhrenkamp 26. In der Eppinghofer Straße 85 blieb die Familie aber wohnen. Er war Kassenarzt und verdiente ein jährliches Einkommen von rund 30.000 RM, wovon gut die Hälfte Betriebskosten waren. So blieben ihm und seiner Familie rund 15.000 RM zum Leben im Jahr. 

Ab April 1933 erschwerten Boykottmaßnahmen, unter anderem durch Aufstellen von SA-Posten, die Ausübung seiner ärztlichen Praxis. Wenige Monate später, im Juni 1933 wurde ihm die Krankenkassenzulassung entzogen und die Ausübung der Kassenarztpraxis untersagt. Trotzdem kamen noch einzelne jüdische Privatpatienten zu ihm und ließen sich von ihm behandeln. Später entzog man ihm noch die Praxisräume und seine Privatwohnung. In der Pogromnacht (9/10. November 1938) zerstörten SA-Leute seine gesamte Praxis samt Inventar. Die Ausübung seines Berufes als Arzt wurde ihm untersagt. Übriggebliebene Praxisgegenstände musste er verkaufen, genauso wie sein Auto.

Er wurde aus rassischen Gründen wegen seiner halbjüdischen Abstammung verfolgt. Aus diesem Grund wanderte er mit seiner Ehefrau im Sommer (offiziell am 1. Oktober) 1938 nach Holland aus und lebte dort kurzzeitig in Sevenum, bevor er weiter in die Gemeinde Cuijk, in das Dorf St. Agatha bei Nijmegen zog. Da er in Holland nicht erwerbsfähig war, wurden sie von Freunden nicht nur finanziell unterstützt. Nur durch diese Hilfe mehrerer befreundeter Niederländer konnten sie bis 1945 unentdeckt bleiben. Sie lebten in ständiger Angst, von der Gestapo entdeckt und inhaftiert zu werden. Der Pastor Vullinghs, aus der Gemeinde St. Agatha, half den Genkins mehrmals und bezahlte dafür mit seinem Leben. Er wurde verhaftet und von der Gestapo nach Bergen-Belsen gebracht und dort ermordet. 

Als Dr. Arkady Genkin mit seiner Frau aus dem holländischen Exil nach Mülheim an der Ruhr zurückkehrte, war er bereits gesundheitlich schwer beeinträchtigt. Durch die vielen Entbehrungen litt er an Herz-und Nieren- sowie an einem chronischen Ischiasleiden. Seine Frau war ebenfalls erkrankt. Sie hatte eine schwere Herzinsuffizienz mit Lungenödem sowie Gelenk-und Muskelrheuma. Arkady Genkin machte die Erkrankung seiner Frau schwer zu schaffen. Sein ihn im Exil behandelnder Arzt bescheinigte ihm, dass seine psychischen und physischen Kräfte stark gelitten hatten. Er war dauerhaft nervös, schlief sehr schlecht und hatte dazu sehr mit seinen Krankheiten zu kämpfen. Dazu kamen plötzliche Anfälle von Synkope (plötzlicher Herzstillstand), die ihn immer wieder zurückwarfen. Seine Freunde aus Cuijk bezweifelten, dass er je wieder in der Lage sein würde, seinem ärztlichen Beruf nachzugehen. 

Als Genkin im April 1946 mit seiner Frau nach Deutschland zurückkehrte, hatte er keine wirtschaftliche Existenz mehr und war auch kaum in der Lage zu arbeiten. Er erhielt seine Kassenzulassung zurück und konnte wieder - wenn auch nur eingeschränkt - als praktischer Arzt arbeiten. Seine Praxis war im Kohlenkamp 37, wo das Ehepaar zunächst auch kurz wohnte, bevor es im Sommer 1946 Im Lohscheidt 31 eine Wohnung zugewiesen bekam, die aber nass und laut war, weil sich eine Lederwerkstatt im Hause befand. Sieben Jahre stand das Ehepaar auf einer Dringlichkeitsliste des Wohnungsamtes. Da sich der Gesundheitszustand seiner Ehefrau verschlechterte, sie hatte nur noch eine Niere und musste sich vor Erkältungskrankheiten hüten, nahm Arkady Genkin ein Darlehn und eine Hypothek auf und baute ein Haus. 1953 zogen sie in die Sauerbruchstraße 3b ein, in der Sauerbruchstraße 3 betrieb er seine Praxis. Zu diesem Zeitpunkt schildert er seine familiäre Situation wie folgt: “…, denn ich habe auch große Verpflichtungen meinen Kindern gegenüber. Die Hinterbliebenen meines gefallenen Sohnes haben öfter meine Hilfe notwendig und meine Adoptivtochter, die auch ihren Mann verloren hat, ist mit ihren beiden Kindern ausschließlich auf meine Hilfe angewiesen.“

Arkadi Genkin verstarb am 3. August 1958 im Alter von 66 Jahren an einem Schädelbasisbruch mit Hirnblutung in Folge eines Verkehrsunfalls im St. Josefs-Hospital in Oberhausen-Sterkrade. Seine Frau Maria Genkin erlag am 25. November 1964 ihren Krankheiten. 

 

Verlegeort Eppinghofer Straße 85 [Wohnort], Muhrenkamp 26 [Arztpraxis]

Verlegedatum 18. Mai 2018

Verfasst von AG Stolpersteine des Gymnasiums Broich