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Familie Frosch / Winderstein

Jakob Frosch wurde am 29. Juli 1900 in Kienberg, Bezirk Traunstein, Oberbayern, geboren. Er war Sohn der Eheleute Georg und Franziska Frosch, geborene Krems. Am 19. September 1939 schloss er vor dem Standesamt Oberhausen-Osterfeld die Ehe mit der am 6. November 1906 in Beddingen/Wolfenbüttel geborenen Rosa, geborene Winderstein. Sie war die Tochter von Mathilde Winderstein. 

Bereits vor der Eheschließung gehörten vier Kinder zur Familie:

Katharina Krems, geboren am 30. September 1931, in Witzenhausen, 
Konrad Krems, geboren am 9. September 1933, in Bonn,
Adolf Krems, geboren am 12. Dezember 1934 in Westercappeln, 
Elisabeth Frosch, geboren am 25. Oktober 1936, in Waltrop.

Die Familiennamen der Kinder hatte Rosa Frosch so im Wiedergutmachungsantrag aus dem Jahre 1946 angegeben. 

Die Geburtsurkunde Katharina Krems beurkundet die Geburt am 30. September 1931 in Witzenhausen als Kind der Eheleute Georg Krems und seiner Ehefrau Rosa, geb. Winderstein. Auf Anordnung des Amtsgerichts in Kassel wurde jedoch am 12. August 1959 vermerkt, „dass die Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kindes nicht Rosa Krems, geborene Winderstein, sondern Rosa Winderstein hieß und nicht verheiratet war“. Die Geburtsurkunde enthält darüber hinaus den Vermerk „Gestorben Anfang 1945 in Auschwitz (Standesamt Arolsen)“. 

Die Geburtsurkunde Konrads bestätigt die Geburt eines Kindes der Rosa Krems, geborene Winterstein, Ehefrau des Artisten Georg Krems, wohnhaft in Lemgo, bei ihrem Ehemann, in Bonn am 9. September 1933. Auch diese Urkunde enthält Randvermerke. Einer bezieht sich auf die Schreibweise des Geburtsnamen der Mutter. Er lautet demnach nicht Winterstein, sondern Winderstein, eingetragen am 3. Juli 1959. Ein weiterer Randvermerk vom 24. August 1959 berichtigt, dass Konrad Krems nicht das eheliche Kind des Artisten Georg Krems und der Rosa Krems, geborene Winderstein, sondern das Kind der Rosa Winderstein, ohne Beruf, ist. Und eine weitere Eintragung vom 9. September 1960 bestätigt, dass durch die Eheschließung der Mutter des Kindes mit dem Artisten Jakob Frosch, katholisch, wohnhaft in Oberhausen-Osterfeld, Giesbertstraße 16, am 19. September 1939, durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichtes Oberhausen vom 12. Juli 1960 festgestellt ist, dass Konrad dadurch ehelich geworden ist. Das heißt, dass er mit Nachnamen Frosch hieß. Auch hier findet sich noch der Vermerk „Buch für Todeserklärungen 1960 in Arolsen Nr. 17 Abt. A Anfang 1945“.

Adolf Krems ist laut Geburtsurkunde des Standesamtes Westercappeln als Kind des Artisten Georg Krems und seiner Ehefrau Rosa Krems, geborene Winderstein am 12. Dezember 1934 in Westercappeln, geboren. Die Geburtsurkunde enthält einen Vermerk, dass die Eltern am 27. September 1928 in Prag (Böhmen) geheiratet haben. Ein weiterer Randvermerk vom 30. September 1959 korrigiert den Familiennamen des Kindes und seiner Mutter auf Anordnung des Amtsgerichts in Münster (Westfalen) vom 19. August 1959 rechtskräftig seit dem 16. September 1959. Er lautet nicht Krems, sondern richtig „Winderstein“. „Die Mutter des Kindes ist die unverehelichte Rosa Winderstein“. Auch auf dieser Urkunde ist der Sterbe-Vermerk „Gestorben Anfang 1945 Monat, Tag u. Stunde nicht bekannt in Auschwitz (Standesamt Arolsen Kreis Waldeck Nr. 16/1960 Abt. A).“

Elisabeth wurde unter dem Namen „Frosch“ beurkundet. Im Haupteintrag waren als Eltern Jakob Frosch und Rosa Frosch, geborene Winderstein eingetragen. Aus einem Randvermerk aus dem Jahr 1959 geht hervor, dass Rosa zum Zeitpunkt der Geburt von Elisabeth nicht mit Jakob Frosch verheiratet war und dementsprechend nur Rosa Winderstein hieß. Der Name Krems taucht im Geburtseintrag nicht auf.

Nach ihrer Eheschließung zogen Jakob und Rosa Frosch mit den vier Kindern und mit seiner Mutter Franziska Frosch, am 28. November 1939, von Oberhausen-Osterfeld, Gierbergstraße 16, nach Mülheim an der Ruhr, Hingbergstraße 110. 1938 war Georg Frosch, der Ehemann von Franziska und Vater von Jakob, in Gelsenkirchen verstorben. Er ist auf dem alten „Sinti- und Romaweg“ des Friedhofes der Propsteigemeinde St. Augustinus in Gelsenkirchen beigesetzt. Am 27. Juni 1941 zog die Familie zur Kreuzstraße 70. Unter dieser zuletzt bekannten Adresse vor der Deportation nach Auschwitz ist für Franziska Frosch, der Mutter von Jakob Frosch, ebenfalls ein Stolperstein verlegt (er befindet sich in der Elisabeth-Selbert-Straße 2, seitlich zur Kreuzstraße, ehemalig Kreuzstraße 70). 

Auch Rosa und Jakob Frosch waren unter dieser Adresse gemeldet. Der letzte Wohnsitz der sechsköpfigen Familie waren aber zwei Wohnwagen in der Prinzess-Luise-Straße 29. So gibt es Rosa Frosch in ihrem Wiedergutmachungsantrag aus dem Jahre 1946 an. Zuvor habe die Familie, wie der Wiedergutmachungsakte zu entnehmen ist, bereits mit Wohnwagen an der Holzstraße und der Kreuzstraße 70 gewohnt. Rosa und Jakob Frosch waren mehrere „Spiel-Saisons" als Artisten des Zirkus Ludwig Althoff beschäftigt. Von Anfang 1937 bis Ende 1939 erhielt Rosa Frosch als Artistin eine Gage von 150 RM monatlich. Die weitere Ausübung des Gewerbes wurde im September/Oktober 1939 durch die Gestapo verboten. Seit dieser Zeit hat Rosa Frosch ihren Beruf als Artistin nicht mehr ausüben können.  

Am 9. März 1942 wurden Jakob und Rosa Frosch mit ihren vier Kindern im Rahmen der sogenannten "Zigeuneraktion“ von der Gestapo festgenommen und ins Polizeigefängnis Mülheim gebracht. Die Festnahme erfolgte durch „K I B, Pol[izei] Präsident Oberhausen auf Veranlassung der Krim.[inal] Pol.[izei] Stelle Essen (Krim.[inal] Pol.[izei] Leitstelle Düsseldorf). Von dort wurden sie nach Auschwitz überführt. Im Lagerabschnitt Auschwitz-Birkenau B II e hatte die SS ein so genanntes „Zigeunerlager“ eingerichtet. Die Familie Frosch war dort im Block 21 eingesperrt. Am 30. Januar 1943 erfolgte ein Erlass des „Reichssicherheitshauptamts“ über die Einziehung des Vermögens der nach Auschwitz-Birkenau deportierten Sinti und Roma. Am 23. März 1943 wurde die erste Massenvernichtungsaktion im „Zigeunerlager“ Auschwitz-Birkenau durchgeführt.

Weil Rosa Frosch versucht hatte, Schmuck mit ins Lager zu nehmen, wurde sie mit 25 Stockhieben bestraft. Ihr Ehemann Jakob wurde ebenfalls, obwohl zu diesem Zeitpunkt schon schwer durch Typhus und Malaria geschwächt, mit dem Stock geschlagen. In einer Ermittlungssache gegen Ferdinand Weiss, den Blockältesten im Lager Auschwitz-Birkenau, der auch für Block 21 zuständig war, wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im September 1950 ermittelt. Rosa Frosch trat dabei als Zeugin auf. Weiss gab zu Protokoll: „[…]Soweit mir heute noch erinnerlich ist wurde auch der kranke Ehemann der Zeugin mit Stockschlägen dafür [für den Schmuck-Besitz]bestraft. Ich glaube auch, dass er später an den Folgen verstorben ist, ich kann mich noch genau daran erinnern, dass er sehr krank war […]“. Er verstarb kurz darauf in Rosas Armen am 13. Oktober 1943. Sein Tod wurde 1950 vom Sonderstandesamt Arolsen offiziell beurkundet. 1992 erfolgte noch eine Berichtigung des Sterbemonats.

Rosa Frosch hatte die Häftlings-Nr. Z-2510. Sie wurde beim Einmarsch der alliierten Truppen im Januar 1945 aus dem Konzentrationslager Auschwitz befreit. Ihre gesamte Familie - ihr Ehemann, ihre vier Kinder, ihre Mutter und ihre Schwiegermutter - sind in Auschwitz ums Leben gekommen. Zu diesem unvorstellbaren Leid kommt hinzu, dass auch ihre Gesundheit durch die Inhaftierung in Auschwitz, zum Beispiel durch Erfrierungen an Fingern und Zehen, dauerhaft gelitten hat. Ihre vier Kinder sind in den Toten- und Lagerbüchern des Konzentrationslagers Auschwitz II-Birkenau unter dem Familiennamen Frosch registriert. Angaben über den Zeitpunkt des Todes für alle Familienmitglieder erhält man bei der aktuellen Recherche in der Opfer-Datenbank der Gedenkstätte Auschwitz [noch] nicht. Nur für Jakob Frosch (Häftlings-Nr. Z-2233) und Franziska Frosch, seiner Mutter (Häftlings-Nr. Z-2509), sind die Sterbedaten angegeben. Franziska starb am 28. Juni 1943.

Katharina ist in der Datenbank mit der Häftling-Nr. Z-2511 erfasst. Ihr Sterbedatum soll der 5. August 1943 sein, Adolf ist mit der Häftlings-Nr. Z-2235 registriert und soll am 15. März 1944 ermordet worden sein und Elisabeth findet sich mit der Häftlings-Nr. Z-2512. Sie soll am 8. März 1944 ums Leben gekommen sein. Für Konrad mit der Häftlingsnummer Z-2234 ist das Todesdatum [noch] nicht bekannt.

Am 9. Januar 1946 meldete sich Rosa Frosch wieder in Mülheim an der Ruhr, Hindenburgstraße 142, später Friedrich-Ebert-Straße 142, an. Sie wurde am 13. März 1946 durch den Kreissonderhilfsausschuss als rassisch Verfolgte anerkannt. 1949 erhielt sie für die erlittene Freiheitsentziehung im Konzentrationslager Auschwitz vom 9. März 1942 bis zum 28. April 1945 5.700 DM Haftentschädigung. 1950 bekam sie eine Beschädigtenrente auf Grund ihrer Erwerbsminderung von 70 Prozent zugesprochen. Außerdem bemühte sie sich nach ihrer Rückkehr nach Mülheim um die Zurückerstattung ihrer zwei Wohnwagen im Wert von 7.500 RM, die sie aber nie zurück erhielt. 1957 wurde ihr Antrag auf Entschädigung bewilligt. Sie erhielt 6.000 DM Entschädigung für beschlagnahmtes Eigentum (Wäsche, Schmuck). 1958 ist ihr die Wohnung in der Friedrich-Ebert-Straße 142 gekündigt worden. Daraufhin kam sie bei der Familie Althoff, bei der sie bis 1939 gearbeitet hatte, in Bochum unter. 1961 zog sie zurück nach Mülheim-Styrum in die Hohe Straße 14. Rosa Frosch verstarb am 23. Januar 1964 in Bochum-Gerthe.


Anmerkung: Am 11. Oktober 2007 war in der Kreuzstraße 70 ein Stolperstein für Jakob Frosch verlegt worden, der durch einen für Franziska Frosch, die Mutter von Jakob Frosch in der Elisabeth-Selbert-Straße 2, seitlich zur Kreuzstraße, ehemalig Kreuzstraße 70 ausgetauscht wurde. Für Jakob Frosch und seine Familie sind am 24. Mai 2019 sechs Stolpersteine in der Prinzeß-Luise-Straße 21, ehemalig Haus-Nr. 29 - Broicher Mitte, wo zwei Wohnwagen gestanden hatten, verlegt worden.

 

Verlegeort Prinzeß-Luise-Straße 21 [früher Prinzeß-Luise-Straße 29]

Verlegedatum 24. Mai 2019

Verfasst von A. Fercho