Als Enkel des "aulen Mathes" wurde Hugo Stinnes am 12. Februar 1870 in Mülheim an der Ruhr geboren. Nach bestandenem Abitur begann er eine Lehre in der Eisenhandlung Spaeter in Koblenz unter dem Prokuristen Peter Klöckner, dem späteren Gründer des Klöckner-Konzerns. Hugo Stinnes brach seine Lehre in dem Augenblick ab, als er glaubte, nichts mehr hinzulernen zu können. Auch das anschließende Bergbaustudium in Berlin beendete er vorzeitig mit der gleichen Begründung. Seine Ausbildung setzte er als Bergmann auf der Zeche Wiesche fort.
Mit 22 Jahren machte sich Hugo Stinnes wie einst sein Großvater Mathias im Kohlenhandel selbstständig. Zunächst beschäftigte er nicht mehr als einen einzigen Angestellten in seinem bescheidenen Büro in Mülheim an der Ruhr. Doch nach und nach gründete Stinnes Fabriken, Filialen und Niederlassungen in ganz Europa. Nebenberuflich war er zudem noch im Grubenvorstand der familieneigenen Bergwerke tätig.
Im Jahre 1897 gründete er zusammen mit August Thyssen den Mülheimer Bergwerksverein. Immer mehr Firmen gerieten in den Einflussbereich des Kaufmanns aus Mülheim, wie sich Hugo Stinnes selbst gern bezeichnete. 1918 zog er als Abgeordneter in den Deutschen Reichstag ein. Der Versailler Friedensvertrag trägt unter anderem seine Unterschrift.
Der König an der Ruhr, wie die Presse Hugo Stinnes nannte, herrschte über weite Teile der deutschen und europäischen Wirtschaft. Scheinbar wahllos kaufte er alles, was irgendwo zum Verkauf anstand. Man sprach davon, dass sich Stinnes Firmen kaufe so wie andere Leute Briefmarken. Viele kränkelnde Unternehmen wurden von ihm erworben und anschließend erfolgreich saniert.
Kaum jemand hatte damals einen vollständigen Überblick, wie viele Firmen Hugo Stinnes gehörten und an welchen er beteiligt war. Angeblich umfasste sein Konzern 4554 Betriebsbeteiligungen, 389 Handels- und Verkehrsgesellschaften, 88 sonstige Gesellschaften, 83 Bahnen und Reedereien, 69 Unternehmen der Bauindustrie, 66 Chemie-, Papier- und Zuckerfabriken, 59 Erzbergwerke, 57 Banken und Versicherungen, 56 Hütten-, Stahl- und Walzwerke, 49 Braunkohlebetriebe, 37 Ölfelder und Raffinerien sowie 17 gemeinnützige Organisationen. Ob diese Liste vollständig ist, erscheint fraglich.
Darüber hinaus erwarb Hugo Stinnes Hotels und Zeitungen. Unter seiner Führung entstand auch das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE), das sich zu einem der größten Energieversorgungsbetriebe Europas entwickeln sollte. Der Kauf und Neubau von Kraftwerken gehörte ebenso zu den Geschäftsfeldern von Hugo Stinnes.
Die Inflation konnte dem König an der Ruhr nicht viel anhaben: Verluste wurden durch Neugründungen ausgeglichen. Der Mann, der diese Wirtschaftsmacht geschaffen hatte, war im Tagesgespräch und in der deutschen Presse stets präsent. Privat war wenig über ihn bekannt. Er war mittelgroß, schwarzbärtig und galt als bedürfnislos. Mit seiner Frau Klara Stinnes geb. Wagenknecht hatte er ingesamt sieben Kinder.
Hugo Stinnes starb am 10. April 1924 in Berlin im gleichen Alter wie seinerzeit sein Großvater Mathias - mit 54 Jahren. Seine Nachfolger waren nicht in der Lage, das riesige Firmenimperium zusammenzuhalten. Die Aufnahme eines 25-Millionen-Dollar-Kredits in den USA im Jahre 1925 und die damit verbundene Überschreibung großer Firmenanteile als Sicherheit waren der Anfang vom Niedergang. Der Zweite Weltkrieg tat ein Übriges, so dass von dem einst weltgrößten Firmenkonglomerat mit über 600.000 Arbeitern und Angestellten nicht viel geblieben ist.