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Itta und Heinrich Fallmann

Heinrich, oder auch Chaskel Feuwel, Fallmann wurde am 9. Februar 1900, in Dukla/Krosno/Galizien, heute Polen, geboren. Seit Mai 1920 lebte er in Mülheim an der Ruhr. Am 31. Dezember 1929 heiratete er Itta Rumstein, geboren am 16. Dezember 1899 in Nürnberg. Das Paar hatte zwei Töchter. Von 1918 bis 1933 arbeitete Heinrich als Reisender in dem Abzahlungsgeschäft seines Bruders Isaak an der Hindenburgstraße. Isaak Fallmann emigrierte bereits 1933, woraufhin sich Heinrich 1933 selbständig machte. Er gab das Geschäft in der Hindenburgstraße auf und arbeitete von seiner Wohnung in der Althofstraße 48 aus. Heinrich war Kaufmann in einer Weiß- und Wollwarenhandlung. Er nahm Bestellungen von Kunden in Mülheim und Umgebung auf und ließ die Kunden dann direkt von den Großhändlern beliefern. Auf Grund des Boykotts jüdischer Geschäfte musste Heinrich starke finanzielle Einbußen hinnehmen. 1938 hatte sein Geschäft einen Gewerbeertrag von 900 Reichsmark.

Während der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde die Wohnung der Familie in der Althofstraße 48 zerstört. Fünf Nationalsozialisten drangen mit „Hacken“ in die Wohnung ein und zerstörten die gesamte Einrichtung. Sie zerschlugen Möbel und Geschirr, zerschnitten Teppiche, Möbelbezüge und das gesamte Bettzeug. Am 17. November 1938 wurde Heinrich Fallmann von der Gestapo abgeholt und als Häftling Nr. 300012 in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Zur weiteren Erniedrigung wurde Itta Fallmann von der Mülheimer Polizei zum Aufräumen der Wohnung gezwungen. Erst nachdem Itta Fallmann sich verpflichtete auszuwandern, wurde Heinrich am 6. Dezember 1938 aus dem Konzentrationslager Dachau entlassen. Er hatte die Auflage, sich zweimal täglich bei der Polizei zu melden. 

Ostern 1937 wurde eine der Töchter eingeschult. Sie besuchte seit April 1938 die Volksschule, wurde aber im November 1938 vom Schulbesuch ausgeschlossen. Sie beschrieb später eine große Unzufriedenheit, weil sie immer in der letzten Bank sitzen musste und sie von Mitschülern mit Steinen beworfen wurde. Auf Grund dieser Vorkommnisse traf die Familie den Entschluss, Deutschland zu verlassen. Im März 1939 kaufte Heinrich für 1.000 Reichsmark Fahrkarten der 3. Klasse bei der Holland-Amerika-Linie von Düsseldorf nach New York. Da sich die Verhältnisse für Juden in Deutschland immer weiter zuspitzten, verzögerte sich die Ausreise der Familie und sie konnten die Überfahrt nach Amerika nicht antreten. Im Frühjahr 1939 schickten die Eltern die Töchter zu Verwandten nach Amsterdam. Die Eltern selbst flohen zunächst nach Antwerpen in Belgien, wohin sie die Töchter später nachholten. Durch das weitere Vordringen der deutschen Truppen war die Familie gezwungen, im Mai 1940 weiter nach Frankreich zu fliehen. Im September 1942 wurde Heinrich dort verhaftet und über das Lager Les Milles in das Sammellager in Drancy bei Paris gebracht. Von dort wurde er am 7. September 1942 nach Auschwitz deportiert, von wo aus er nicht zurückkehren sollte. Er wurde am 8. Mai 1945 für tot erklärt.

Seine Frau Itta versuchte im Februar 1943 mit französischen Papieren in die Schweiz zu fliehen, wurde aber an der Grenze verhaftet und zurück nach Frankreich gebracht. Dort versteckte sie sich in verschiedenen Klöstern. Anfang 1943 kam sie ins damals italienisch besetzte Nizza. Als die deutschen Truppen bis nach Südfrankreich vordrangen, floh sie weiter nach Rom. Ihre Flucht und Unterbringung in den verschiedenen Klöstern wurde von der französischen Untergrundbewegung bezahlt. Den Mönchen, die sie vor den Nazi-Schergen verbargen, waren sie Zeit Lebens dankbar. Im März 1945 wanderte Itta nach Palästina aus. Sie fand dort Arbeit in einer Schulküche und heiratete 1951 Mosche Jakob Mühlrad. 

Auch die beiden Töchter konnten noch rechtzeitig dem NS-Terror-Regime entkommen.

 

Verlegeort Althofstraße 48

Verlegedatum 31. Januar 2017

Verfasst von AG Stolpersteine der Realschule Mellinghofer Straße