Adolf Kaufmann wurde am 13. April 1893 als ältester Sohn von Moses Kaufmann und Regina, geborene Salomon, in Mülheim geboren. Moses betrieb in Broich, in der Duisburger Straße 62 (ab 1914 Nr. 83), eine gut gehende Metzgerei und besaß außerdem die beiden benachbarten Immobilien. Adolf besuchte die Unterstufe des Realgymnasiums (heute Karl-Ziegler-Schule) und folgte dann den Fußstapfen seines Vaters, wurde ebenfalls Metzger und machte seinen Meister. Da sein Vater bereits 1914 starb, musste er früh Verantwortung übernehmen. Seine Frau Johanna, eine gebürtige Levy, geboren am 10. März 1894, stammte aus Grevenbroich, wo wahrscheinlich auch die Eheschließung stattfand. Adolf und Johanna lebten dann mit Adolfs Mutter im Haus der Metzgerei. Das Ehepaar blieb kinderlos.
Nachdem seine Mutter einige Jahre Eigentümerin der Metzgerei war, die er geschäftsführend leitete, übernahm Adolf diese Mitte der Zwanzigerjahre vollständig. Seine Frau Johanna dürfte sich, wie es damals in Handwerkerfamilien üblich war, um den Haushalt gekümmert und in der Metzgerei mitgearbeitet haben.
Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde die Situation für Adolfs Metzgerei schwieriger. Da sie sich in einem Stadtteil mit einem relativ geringen jüdischen Bevölkerungsanteil befand, war sie von den einsetzenden Boykottmaßnahmen stärker betroffen als die jüdischen Metzgereien im Stadtzentrum und in Eppinghofen. Die entscheidende Veränderung trat für Adolf und Johanna mit der Reichspogromnacht am 9. November 1938 ein. Höchstwahrscheinlich war die Metzgerei von den Anschlägen betroffen. Darüber hinaus wurde Adolf am 17. November in „Schutzhaft“ ins Konzentrationslager Dachau eingewiesen, zusammen mit seinem Schwager, dem ehemaligen Bankdirektor Martin Meyer, und anderen Mülheimer Juden. Er kam zwar vor Weihnachten 1938 wieder frei, aber in der Zwischenzeit war das Gewerbeverbot für jüdische Geschäftsleute in Kraft getreten und kurz danach der Zwangsverkauf von jüdischen Gewerbebetrieben angeordnet worden. Adolf blieb deshalb nach der Rückkehr aus dem Konzentrationslager nur der Verkauf seiner Metzgerei an den Broicher Konkurrenten Rosenbeck, der seinen Wohnsitz und seine Geschäftstätigkeit danach in die Duisburger Straße 83 verlagerte, wie man aus den Adressbüchern der Stadt Mülheim erkennen kann. Adolf und Johanna blieb nichts anderes übrig, als in das später zum „Judenhaus“ erklärte Wohnhaus Bahnstraße 44 zu ziehen, wo bereits seit 1934 seine Schwester und sein Schwager mit Tochter wohnten.
Die Ereignisse veranlassten die Familien Meyer und Kaufmann zur Auswanderung. Diese Möglichkeit bestand nur für besser gestellten Juden, denn sie mussten knapp die Hälfte des vorhandenen Vermögens als Reichsfluchtsteuer und Judenvermögensabgabe an das Finanzamt zahlen, um eine Ausreisebewilligung zu erhalten. Obwohl der zweite Weltkrieg bereits begonnen hatte, konnten die beiden Familien am 17. November 1939 in das zu diesem Zeitpunkt noch neutrale Luxemburg ausreisen. Es ist anzunehmen, dass die Kaufmanns in den Jahren zuvor Geld dorthin transferiert hatten, denn Johanna war im Jahr 1937 wegen eines Vergehens gegen den Devisenbann vom Hauptzollamt Trier mit einer Geldstrafe von 30 Reichsmark belegt worden. In Luxemburg siedelten sie sich in der Nähe der Hauptstadt an, in der Gemeinde Walferdingen, wo sich bereits einige aus dem Reichsgebiet emigrierte Juden niedergelassen hatten.
Als deutsche Truppen im Mai 1940 auch Luxemburg besetzten, wurden Schritt für Schritt die Maßnahmen gegen Juden auch auf dieses Land ausgedehnt. Am 16. Oktober 1941 wurden Adolf und Johanna bereits mit dem ersten Deportationszug von Luxemburg ins Ghetto Litzmannstadt (Łódź) in Polen deportiert. Dort bekamen Sie - zusammen mit drei anderen Deportierten aus Luxemburg - am zentralen Platz die Wohneinheit 47 im Gebäude Baluter Ring (Balucki Rynek) 6 zugewiesen. Das Ghetto war völlig überfüllt und die sanitären und hygienischen Zustände katastrophal.
Bald, nachdem auf der sogenannten Wannseekonferenz die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen worden war, wurde mit der Leerung der überfüllten Ghettos begonnen. Nachdem schon circa 50.000 Juden aus dem Ghetto Litzmannstadt der Vernichtung zugeführt worden waren, wurde am 29. April 1942 per Bekanntmachung Nr. 380 die „Aussiedlung“ der im Ghetto befindlichen Juden aus dem „Altreich, Luxemburg, Wien und Prag ab dem 2. Mai angekündigt. Es ist ein Brief vorhanden, in dem Adolf gegen diese Aussiedlung Einspruch erhebt. Der Einspruch wird abgelehnt. Wie weitere 11.000 Juden aus dem Ghetto werden Adolf und Johanna im Laufe des Monats Mai 1942 ins Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) transportiert und dort mit Autoabgasen getötet.
Zum 31. Dezember 1945 wurden sie vom Amtsgericht Mülheim an der Ruhr für tot erklärt.
Verlegeort Duisburger Straße 83
Verlegedatum 2. April 2009
Verfasst von C. Miller