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Mülheimer Bergbaugeschichte

Früher Bergbau in Mülheim

Nach einer Erzählung soll die erste Kohle um 1225 ein Bauer beim Pflügen in Eppinghofen gefunden haben. Gesichert ist, dass im 16. Jahrhundert in Heißen, danach auch in Dümpten, Mellinghofen und Winkhausen Kohlenbergbau bestand.

Aufgrund der tektonischen Gegebenheiten traten die Flöze in dieser hügeligen Gegend zu Tage aus, so dass die Kohlen einfach ausgegraben werden konnten. Zunächst wurden die oberflächennahen Kohlenvorräte aus wenige Meter tiefen Pingen gegraben. Wenn diese mit Wasser vollgelaufen waren, trieb man tiefer im Tal waagerechte Stollen in den Berg, um das Wasser durch sie abzuleiten. Stollen dienten auch der Kohlenförderung, zum Beispiel der Broicher Erbstollen, der von den Sellerbeckgruben am Winkhauser Talweg bis zur Ruhr führte oder der Hollenberg-Darmstadt-Stollen im Rumbachtal. Im 16. Jahrhundert sollen bereits 46 Bergwerke in Förderung gestanden haben.


Der Übergang vom Stollenbergbau zum Tiefbau

Als die Kohlenvorräte um 1790 bis zum Stollenniveau abgebaut waren, mussten die Bergleute mit senkrechten Schächten tiefer in das Gebirge vordringen, um weitere Vorräte zu erschließen. Dieser Übergang wurde möglich
durch die Einführung der Dampfmaschine.

Franz Dinnendahl hat von Mülheim aus die Mechanisierung der Wasserhaltung und Kohlenförderung in vielen Tiefbauschächten vorangetrieben. Anfang des 19. Jahrhunderts baute Dinnendahl Feuermaschinen auf Rosendelle, Wiesche und Caroline ein. Als erste Tiefbauschächte wurden 1811 auf Wiesche der Schacht Wilhelmine und auf Sellerbeck an der Nordstraße der Schacht Christian abgeteuft. Das Entstehen dieser modernen Tiefbauzechen setzte einen hohen Kapitaleinsatz voraus, den nur Kapitalgesellschaften zu leisten vermochten. Infolgedessen verschwanden die bergmännischen Familienbetriebe.

Nach Wiesche und Rosendelle entstand in Winkhausen das Bergwerk Sellerbeck, das damals mit 311 Mann Belegschaft und 60.000 t Jahresförderung eine der größten Zechen im Ruhrgebiet war.

Die Entwicklung des Steinkohlenbergbaus von der Kohlengräberei aus Pingen über den Stollenbergbau zum Tiefbau


Kohlentransport und Ruhrkohlenschifffahrt

Besonders günstig waren die Transportverhältnisse in Mülheim. Die abschüssigen Wege ins Ruhrtal erleichterten den Transport mit Schubkarren und Pferdewagen zu den Kohlenmagazinen am Fluss, von wo das begehrte Brennmaterial mit Aaks über die ganzjährig offene Ruhr und den Rhein bis nach Süddeutschland und Holland transportiert werden konnte.

Die Ruhr war damals der meistbefahrene Fluss Europas und gab vielen Mülheimern Brot und Arbeit. Schon früh im 16. und 17. Jahrhundert entwickelten sich an den Ufern der Ruhr leistungsfähige Timmerhelligen und andere Betriebe für die Binnenschifffahrt. Geschäftstüchtige Kohlenhändler, allen voran Krapp, Mellinghoff und Matthias Stinnes, legten den Grundstein für Mülheim als wichtiges Handelszentrum.

Um den Transport der Kohle von den Zechen mit Schubkarren und Pferdewagen über schlechte Straßen zu verbessern, legten Mülheimer Kohlenhändler eine privat finanzierte Kunststraße an, die heutige Aktienstraße. Später betrieb Matthias Stinnes parallel zur Aktienstraße die Verlegung der Sellerbecker Pferdebahn, von den Mülheimern auch "Patzbahn" genannt. Über eiserne Schienen rollten mehrere Kohlenwagen mit je 7 Zentner Fassungsvermögen unter Ausnutzung der Schwerkraft zu Tal. Die leeren Wagen musste ein Pferd bergauf ziehen.


Aufschwung und Entstehung von Großzechen

Nach Dinnendahl haben auch Franz Haniel und Julius Römheld in Mülheim mit wichtigen Ergebnissen zur Entwicklung des Steinkohlenbergbaus beigetragen.

Haniel durchteufte 1833 mit Schacht Franz in Schönebeck erstmalig den wasserführenden Mergel, und Römheld gelang es 1849, auf der Friedrich Wilhelms-Hütte in einem Hochofen Eisen mit Steinkohlenkoks zu verschmelzen.

Dadurch begann Mitte des 19. Jahrhunderts im Ruhrgebiet ein neuer Aufschwung für den Kohlenbergbau, was sich auch für Mülheim positiv auswirkte. Die Zeche Sellerbeck nahm 1855 mit der Schachtanlage Carnall am Randerbergfeld eine neue Tiefbauzeche in Angriff.

Aus der Vereinigung der vier Kleinzechen Tutenbank, Rosendelle, Blumendelle und Kämpgeswerk entstand zur gleichen Zeit die Zeche Vereinigte Rosen- und Blumendelle. 1856 folgte ein weiterer Tiefbau auf der Zeche Hammelsbeck, die 1865 mit mehreren Essener Kleinzechen zur Zeche Humboldt konsolidierte und einen neuen Tiefbau an der Stelle begann, wo heute das Rhein-Ruhr Zentrum steht.

Wiesche wurde zur Tiefbauzeche ausgebaut, Roland und Alstaden kamen als neue Bergwerke dazu. Bis 1900 konnten sich alle Mülheimer Großzechen behaupten, aber danach verringerte sich ihre Bedeutung als Wirtschaftsfaktor, weil im Norden des Reviers ertragreichere Betriebe entstanden waren. Zwar wurde 1903 an der oberen Aktienstraße mit Zeche Kronprinz eine neue Außenschachtanlage von Rosenblumendelle abgeteuft, aber im Jahre 1905 die ehemals bedeutende Zeche Sellerbeck am Randerbergfeld geschlossen.

Die Bergwerke Rosenblumendelle, Humboldt und Wiesche wurden durch unternehmerischen Weitblick von August Thyssen, Hugo Stinnes und dem Bankier Hanau zum Mülheimer Bergwerksverein MBV zusammengefasst.

Es sind sogar beachtliche Sozialleistungen erbracht worden, zum Beispiel die Colonie Wiesche für die Arbeiter der gleichnamigen Zeche. Sie ist heute als Bergmannssiedlung Mausegatt/Kreftenscheer in Heißen denkmalgeschützt.


Niedergang und Ende des Bergbaus in Mülheim an der Ruhr

Die Weltwirtschaftskrise führte zwischen den Weltkriegen zu ersten Zechenstilllegungen und Konzentrationen. Im Jahre 1929 wurde die Zeche Humboldt unter Tage mit Wiesche verbunden. Über Tage entstand an der Kruppstraße eine zentrale Verladestation für die Kohlen des MBV. Nach kurzem Aufflackern des Bergbaus in den dreißiger Jahren wurde der Niedergang der Kohle nach dem Zweiten Weltkrieg in Mülheim besonders früh erkennbar.

Schon 1952 führten Rationalisierungsmaßnahmen zur Einstellung der Förderung auf Zeche Wiesche, 1961 folgte die Stilllegung der Zeche Kronprinz. Im Jahre 1965 wurde auch die zum MBV gehörende Zeche Hagenbeck aufgegeben.

Ein Jahr später war mit der Schließung des Bergwerks Rosenblumendelle am 29. Juli 1966 endgültig "Schicht am Schacht" für den traditionsreichen Mülheimer Bergbau. 46 Millionen Tonnen gute Anthrazit- und Esskohle sind seit der Gründung der Zeche aus den Schächten Rosenblumendelle 1 und 2 ans Tageslicht gefördert worden.  

In Glanzzeiten waren mehr als 3.000 Bergleute auf Mülheimer Bergwerken beschäftigt. Mülheim, einst eine Wiege des Ruhrbergbaus, war 1966 als erste Stadt im Ruhrgebiet bergfrei.

(Text: Heinz W. Auberg)