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Mülheims Erhebung zur Stadt

Napoleon gelang es zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die im Kern noch immer mittelalterliche Staats- und Gesellschaftsordnung Europas in weiten Teilen radikal umzustürzen indem er unter anderem die deutschen Duodezfürsten und ihre Kleinstaaten ebenso wie das Feudalsystem beseitigte. Miliärische Eroberungen weiteten die französische Einflusssphäre aus, so dass bedeutende Reformen in Justiz- und Zivilverwaltung durchgesetzt werden konnten. Auch die Erhebung Mülheims zur Munizipalität im Jahre 1808 ist Teil und Ergebnis dieser weltgeschichtlichen Umwälzungen.

Am 15. März 1806 ernannte Napoleon seinen Schwager Joachim Murat zum Herzog von Berg. Nach dieser Ernennung wurde das alte Herzogtum Berg durch die Rheinbundakte vom 12. Juli 1806, die eine Konföderation deutscher Fürsten unter französischem Protektorat begründete, zum Großherzogtum erhoben und zu einem "Musterstaat" nach französischem Vorbild ausgebaut. Ähnlich wie in den anderen Mitgliedsstaaten des Rheinbundes kam es zu einer Zurückdrängung ständischer, lokaler und feudaler Sonderrechte und zu Reformen in Verfassung, Verwaltung, Wirtschaft und Finanzwesen. Das sichtbare Zeichen des Bruchs mit den Traditionen und Herrschaftsbedingungen einer mehr als 1000jährigen europäischen Epoche war der Austritt der Rheinbundstaaten aus dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation am 1. August 1806 und die Niederlegung der römischen Kaiserwürde durch Franz II. am 6. August 1806. Mit diesem formalen Ende des Feudalismus war auch in den Herrschaften Broich und Styrum der Weg frei für eine Neuordnung der Verhältnisse.

Nachdem Joachim Murat zum bergischen Großherzog ernannt worden war, begann er mit einer umfassenden Modernisierung der Staatsverwaltung, der Sozial- und der Rechtsordnung. Am 13. Oktober 1807 erließ er weitreichende Bestimmungen über die Munizipalverwaltung, die auch die Grundlage für die Erhebung Mülheims darstellen. Bereits im November 1807 ordnete der großherzogliche Minister des Innern die Benennung möglicher Munizipalräte und -beamten für das Kirchspiel Mülheim und die Honnschaft Holthausen an.

Am 28. Januar 1808 ernannte Großherzog Joachim Murat per Dekret die Mitglieder des ersten Mülheimer Munizipalrates und bestätigte damit die Erhebung zur Munizipalität, ohne diese Erhebung noch einmal explizit auszusprechen. Die Vereidigung der Ratsmitglieder und Munizipalbeamten fand am 13. Februar 1808 durch den Provinzialrat Graf von Spee statt und wenige Tage später, am 18. Februar tagte der neu geschaffene Munizipalrat für Mülheim und Holthausen zum ersten Mal. Die übrigen sechs Honnschaften, die zur Herrschaft Broich gehört hatten, waren zu diesem Zeitpunkt nicht in die Munizipalität mit einbezogen. Erst nachdem der Mülheimer Munizipalrat auf die Schwierigkeiten einer solchen Verwaltungsgliederung vor Ort aufmerksam gemacht hatte, bestimmte der Minister des Innern, dass das gesamte Gebiet der ehemaligen Herrschaft Broich, also Mülheim und alle sieben Honnschaften, zu einer Munizipalität vereinigt werden sollte. Am 18. März 1808 tagte darauf hin zum ersten Mal ein Munizipalrat mit Vertretern aller Honnschaften. Zu diesem Zeitpunkt kann die Erhebung Mülheims zur Munizipalität nach französischem Vorbild formal als abgeschlossen angesehen werden.

 

1806
Napoleon ernennt Joachim Murat zum Großherzog von Berg (15.3.)
Gründung des Rheinbundes (12.7.)
Austritt der Rheinbundstaaten aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (1.8.)
Franz II. legt die Kaiserwürde ab (6.8.)
1807
Erlass über die Munizipalverwaltung im Großherzogtum Berg (13.10.)
1808
Joachim Murat ernennt die ersten Mülheimer Munizipalräte (28.1.)
Vereidigung der Mülheimer Munizipalräte (13.2.)
Erste Ratssitzung, noch ohne Honnschaften (18.2.)
Erste Ratssitzung mit Vertretern aller Honnschaften (18.3.)