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Zeitzeichen: 18. September 1933

Baudezernent Brocke wird von den Nationalsozialisten in den Selbstmord getrieben


Arthur Brocke. Diesen Namen kennen die meisten Mülheimer als Straßennamen der gleichnamigen Allee in Speldorf. Doch wer war Arthur Brocke? Ein Blick in die historischen Quellen des Stadtarchivs bringt Klarheit. Der 1884 in Aachen geborene und an der dortigen RWTH ausgebildete Bauingenieur wurde 1919 und 1931 vom Stadtrat zum Baudezernenten Mülheims gewählt.

In seiner Amtszeit zeichnete er unter anderem für die Planung des Styrumer Ruhrstadions, der heutigen Realschule Stadtmitte, des Flughafens sowie der Wohnsiedlungen Salierstraße und Witthausbusch verantwortlich. „Sparsame Verwendung der Mittel, bei Beachtung von Schönheit und Gesundheit“, lautete sein Credo als Baumeister der Stadt.

Der hoch begabte, staatstreue und parteilose Beigeordnete, Vater von fünf Kindern, war in Mülheim hoch angesehen. Doch nach der Kommunalwahl vom 12. März 1933 übernahm die NSDAP auch in Mülheim die Macht. Ihr Oberbürgermeister Wilhelm Maerz und ihr Kreisleiter Karl Camphausen wollten Brocke zusammen mit 21 weiteren Beamten der Stadtverwaltung aus ihren Ämtern entfernen, da sie als republiktreu galten.

Auf der Grundlage des am 7. April 1933 in Kraft getretenen Gesetzes zur Wiederherstellung des deutschen Berufsbeamtentums wurde Brocke suspendiert und wegen finanzieller Untreue inhaftiert. Doch der Vorwurf war konstruiert. Und so stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen Brocke schon bald wieder ein und ordnete seine Haftentlassung an. Doch mit Unterstützung des nationalsozialistischen Ministerpräsidenten und Innenministers Preußens, Hermann Göring, erreicht die NSDAP Brockes Zwangspensionierung und eine 25-prozentige Kürzung seines Ruhegehaltes. Zudem wurde Brocke vor und in seinem Haus an der Bismarckstraße 31 regelmäßig von der SS bedroht. Unter diesem Druck nahm sich Brocke am 18. September 1933 in seinem Badezimmer das Leben.

Entgegen der vor allem von der Nationalzeitung verbreiteten Rufmordkampagne gegen Brocke würdigten die Mülheimer Zeitung und der evangelische Altstadtpfarrer Harry Lepper in ihrem Nachruf und in ihrer Trauerpredigt Brockes „Verdienste um die Stadt, die in einer ruhiger denkenden Zeit als der heutigen, einmal umfassend und angemessen gewürdigt werden.“

1953 erhielt Brockes Witwe Wilhelmina eine Wiedergutmachung. Ihre Hinterbliebenenrente wurde so berechnet, als sei ihr Mann bis zum 31. Dezember 1946 im Amt verblieben. Seit 1955 erinnert die Arthur-Brocke-Allee in Speldorf ebenso an den von der NSDAP in den Tod getriebenen Baudezernenten wie der 2007 vor seinem ehemaligen Haus an der Bismarckstraße 31 verlegte „Stolperstein“.