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Otto und Helmut Rosenbaum

Otto Rosenbaum wurde am 2. Juni 1894 in Mülheim an der Ruhr als Sohn des Ehepaars Johanna Rosenbaum, geborene Kaufmann und Salomon Rosenbaum, geboren. Seine Eltern waren jüdischen Glaubens. Er hatte neun Geschwister, von denen sein ältester Bruder, Gustav, 1889 geboren, als Soldat im Ersten Weltkrieg im 12. Infanterie-Regiment 171 diente und am 28. September 1914 gerichtlich für tot erklärt wurde. Sein Name ist auch auf der Gedenktafel für die Mülheimer jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs verewigt, die heute in der Synagoge in Duisburg hängt. Sein jüngster Bruder starb schon als Säugling und ist auf dem jüdischen Friedhof in Mülheim beigesetzt. 
Der eineinhalb Jahre ältere Bruder Arthur war Bäcker, der von November 1938 bis Januar 1939 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war, dann nach Belgien emigrierte und von dort nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde. Seine Gattin Mathilde, geborene Lindemann, die mit ihrem Mann nach Belgien ausgewandert war, überlebte, heiratete einen Heinrich Steinberg und wanderte 1946 nach Casablanca in Marokko aus. Die Tochter Inge lebte später in England (siehe auch Biografie von Mathilde und Arthur Rosenbaum).
Ottos jüngster Bruder starb schon als Säugling und ist auf dem jüdischen Friedhof in Mülheim beigesetzt.

Sein Vater Salomon war Kohlenhändler. Wann er genau verstorben ist, ist nicht bekannt. Er wurde am 22. Oktober 1912 das letzte Mal lebend gesehen. Deshalb beurkundete das Standesamt am 19. Januar 1913 seinen Tod auf Mitteilung der Kriminalpolizei auf diesen Tag. Seine Mutter Johanna starb 1937. Beide sind auf dem jüdischen Friedhof in Mülheim bestattet. Sie handelte mit Altpapier. Dieses Geschäft scheint Luise Rosenbaum, ihre Schwiegertochter, nach ihrem Tod 1937 weitergeführt zu haben. Nach der Gewerbesteuerkarte aber nur für kurze Zeit, bevor 1938 die "Anmeldebesch. eingezogen" wurde, so der handschriftliche Vermerk. Salomon Rosenbaum wird in den biografischen Angaben der Datenbank "epidat" des Steinheim-Instituts als Fabrikarbeiter und "Flaschenbierhändler" beschrieben. Otto trat beruflich in die Fußstapfen seines Vaters. Am 17. Januar 1916 heiratete Otto Rosenbaum die evangelische Luise Pallasch in Duisburg. Sie wurde am 26. November 1891 in Jeromin, Kreis Ortelsburg, geboren. Bis zur Inhaftierung Ottos lebte das Ehepaar gemeinsam mit ihren drei Kindern in Mülheim. Sie waren unter verschiedenen Adressen gemeldet. Zum Zeitpunkt der Inhaftierung wohnte die Familie in der Hindenburgstraße (heute Friedrich-Ebert-Straße) 132. 

Otto Rosenbaum wurde erstmals am 1. März 1933 als Mitglied der KPD im Polizeigefängnis Mülheim in „Schutzhaft“ genommen. Einige Wochen später, am 28. März 1933, wurde er nach Anrath am Niederrhein gebracht. Die Entlassung erfolgte im Oktober des gleichen Jahres. Im Februar 1937 wurde er erneut festgenommen und in das Polizeigefängnis in Bochum eingeliefert. Ein Jahr später wurde er entlassen. Bereits am 22. Juni 1938 überstellte man ihn ins Konzentrationslager Sachsenhausen. Nach einer Verlegung am 20. September 1941 in das Konzentrationslager Gross-Rosen - er hatte die Häftlings-Nr. 1208 - stand sein Name auf einer Liste der Häftlinge, die in die „Euthanasie“-Anstalt Bernburg gebracht werden sollten. Er verstarb aber in der Nacht auf den 25. März 1942 im Konzentrationslager Gross-Rosen. Otto Rosenbaum wurde vom nationalsozialistischen Regime als Jude und durch seine KPD-Mitgliedschaft als politischer Gegner verfolgt und ermordet.

Der älteste Sohn, Helmut Rosenbaum, geboren am 20. Mai 1914 in Duisburg, war gemeinsam mit seinem Vater am 22. Juni 1938 in das Konzentrationslager Sachsenhausen-Oranienburg eingewiesen worden, wurde dann aber dank des Einsatzes eines Propstes Grüber (?) aus Berlin am 2. November 1939 entlassen und zur Organisation Todt verpflichtet. Für diese Organisation habe er in Russland Straßen gebaut. In den Jahren 1944 bis 1945 war er im Organisation Todt-Lager Brilon Wald. Aus diesen Gründen wurde er bei der Sitzung des Kreissonderhilfsausschuss am 13. März 1946 als rassisch Verfolgter anerkannt und erhielt dabei den grünen Sonderausweis. 1979 verzog er nach Recklinghausen und verstarb dort am 21. Oktober 1990. 

Das zweite Kind der Rosenbaums war ihre Tochter Edith, die am 20. Juni 1920 in Mülheim zur Welt kam. Im Alter von 21 Jahren bekam sie mit ihrem Mann, dem Viehhändler Gustav Altgenug, geboren am 12. Dezember 1914 in Norden in Ostfriesland, der auch jüdischen Glaubens war, eine Tochter namens Judith. Sie hatten am 14. September 1940 in Bielefeld geheiratet. Edith hatte zu dieser Zeit in einem Lager bei Bielefeld gewohnt, weil sie auswandern wollte. Dort habe sie ihren Mann kennengelernt, geheiratet und ist mit ihm nach Berlin gegangen. Sie habe bei Siemens gearbeitet. Nach der Wannseekonferenz sind sie und ihr Mann verhaftet und deportiert worden. Nachbarn hätten die Oma der Tochter verständigt, das zweijährige Mädchen brauche sofort Hilfe, weil ihr jüdisches Kindermädchen auch verhaftet und deportiert worden war. So fuhr Luise Rosenbaum sofort nach Berlin und hat ihre Enkelin nach Mülheim geholt. Gustav Altgenug war bereits vom 17. November 1938 bis zum 6. Februar 1939 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Das Ehepaar Altgenug wurde am 28. Februar 1943 von der Gestapo in Berlin festgenommen. Gustav wurde am 28. Juni 1943 nach Auschwitz deportiert. Eine letzte Postkarte von ihm erreichte die Schwiegermutter in Mülheim, Luise Rosenbaum, aus dem Arbeitslager Monowitz in Oberschlesien über die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland Ende 1943. Edith ist, von Berlin aus, bereits am 4. März 1943 nach Auschwitz deportiert worden. Sie sind beide für tot erklärt worden. Das Kind der beiden verblieb nach der Deportation der Eltern als Vollwaise bei seiner Großmutter Luise Rosenbaum, Düsseldorfer Straße 6 in Mülheim. Sie übernahm ab 1946 die Vormundschaft über ihre Enkelin. Als sie am 10. Dezember 1953 verstarb, übernahm ihr jüngster Sohn, beziehungsweise der Onkel von Judith ab dem 17. Dezember 1953, der ebenfalls in ihrem Haushalt Düsseldorfer Straße 6, ab 1951 Tilsiter Straße 62 lebte, die Vormundschaft bis zu ihrer Volljährigkeit. Sie heiratete 1963 und war zu diesem Zeitpunkt Beamten-Anwärterin bei der Stadt Mülheim. Sie verstarb am 22. Oktober 2014 in Recklinghausen.

Hans Joachim (Judiths Onkel) und jüngster Sohn der Rosenbaums wurde am 27. Dezember 1929 geboren. Er besuchte die staatliche Ingenieursschule Duisburg, studierte dort Maschinenbau von 1948 bis 1952 und heiratete 1969. Zum Zeitpunkt der Verlegung der Stolpersteine für seine Familienangehörigen lebte er noch in Mülheim und gab zuvor in Interviews noch wichtige Informationen, die in die Biografie mit einflossen. Hans-Joachim starb am 2. April 2022 mit 92 Jahren und seine Frau Inge 2023 in Mülheim an der Ruhr.


Hinweis: 2018 wurde von Anna Lena Höhne ein Film gedreht, der in Spielfilmszenen zum einen das Schicksal der Familie aufgreift, zum anderen dokumentarisch die Herangehensweise an die Recherche zu den Biografien zeigt. Auch die beteiligten Schülerinnen der AG Stolpersteine des Gymnasiums Broich schildern ihre Motivation zur Mitarbeit an diesem Projekt. Ein Link zum Film ist auf der Startseite zu den Stolpersteinen in Mülheim an der Ruhr zu finden.

 

Verlegeort Friedrich-Ebert-Straße 132

Verlegedatum 18. Mai 2018

Verfasst von AG Stolpersteine des Gymnasiums Broich